Perola’s Makers: Florent Beuchet von Compagnie des Indes
Florent Beuchet ist der Mann hinter der Rum-Marke Compagnie des Indes. Ins Spirituosengeschäft kam er über seine Familie, die eine lange Wein-Tradition mitbringt. Sein Vater besitzt darüberhinaus eine Absinth-Destillerie. Er machte sogar seinen Master in „Wine and Spirit Trading“, arbeitete danach 1,5 Jahre bei Banks Rum in New Yort. Direkt danach machte er sich mit Compagnie des Indes selbstständig. Er gründete das Unternehmen im Geist der Abenteurer und Händler der West India Trading Companys des 17. Jahrhunderts und möchten den Menschen damit echten, unverfälschten Rum aus Lateinamerika und der Karibik näherbringen.
Neben einigen Blends für Bars und Rum-Einsteiger setzt CDI vor allem auf viele, oft sehr spezielle Single Cask- und Cask Strength-Abfüllungen. Bei Perola sind wir stolz darauf, die Rums der Compagnie des Indes seit 2015 auch hier in Deutschland vertreiben zu dürfen – und heute hatten wir die Gelegenheit, Florent ein paar Fragen über seine Arbeit mit Rum stellen zu können.
Perola: Was fühlt sich besser an: Ein fair bepreistes Fass von einer der Hype-Distillen wie Hampden oder Caroni zu entdecken oder einen außergewöhnlichen Rum von einer unbekannten Distille oder aus einem unterschätzten Rum-Land zu finden (wie du’s beispielsweise letztes Jahr mit dem New Yarmouth geschafft hast)?
Florent: Gut Frage, aber ich glaube, das beste Gefühl ist, überhaupt erstmal ein gutes Fass zu finden *lacht*. Was ich in den letzten Jahren beim Rum-Einkauf versuche, ist die Aufmerksamkeit der Konsumenten auf neue Herkunftsgebiete zu lenken oder auf unbekannte Destillerien. Das ist die generelle Idee: Destillerien und Ursprungsländer zu zeigen, die noch niemand (in der Rum-Community) groß probiert hat. Ja, vielleicht genau so, wie ich das mit dem Indonesia oder dem New Yarmouth geschafft habe. Es ist schon ein gutes Gefühl, wenn die Konsumenten diese Rums am Ende sogar mehr mögen als ich selbst.
Perola: Für einige der eingangs erwähnten Distillen wie Hampden, Foursquare oder Caroni sind die Preise für die Flaschen (und auch die Fässer) in den letzten Jahren astronomisch gestiegen. Wie denkst du, wird sich dieser Trend in den nächsten Jahren entwickeln?
Florent: Vor etwa eineinhalb Jahren habe ich einem französischen Magazin mal ein Interview gegeben. Ich wollte die Aufmerksamkeit der Kunden darauf lenken, dass die Preise für Rum insgesamt steigen und dass jetzt ein guter Zeitpunkt wäre, Rum zu kaufen. Leider habe ich die Leute damit, glaube ich, ein wenig erschreckt. Ich glaube, die Rum-Preise werden weiter steigen. Klar, auch die von den ikonischen Destillerien, aber nicht nur. Es ist eine Sache der Mathematik: Die Zahl an Rum-Destillerien in der Welt ist kleiner als die Zahl der Whisky-Distillen. Diese Rum-Distillerien produzieren darüberhinaus großteilig weißen Rum für Cocktails oder weißen Rhum Agricole für den französischen Markt. Nur wenige produzieren gereiften Rum. Und jetzt, wo der Markt für gereiften Rum, oder sagen wir: Rum, der älter ist als zehn Jahre, steigt, kommen wir an einen Punkt, wo die Lager sich leeren während der Markt weiterwächst. Die Preise wachsen ganz sicher. Auch, weil die Destillerien ihre Fässer nicht mehr verkaufen wollen. Sie möchten den Profit für jedes einzelne Fass erhöhen und verkaufen den Rum deshalb direkt in Flaschen in den Regalen. Leider glaube ich, dass die Preise weiter steigen werden, weil einfach mehr Nachfrage da ist als Angebot. Tatsächlich glaube ich ehrlich gesagt auch, dass gereifter Rum teurer verkauft werden sollte als gereifter Whisky. Es gibt einfach viel weniger Rum-Distillen und viel weniger Vorrat an gereiften Destillaten als beim Whisky.
Perola: Da du Weißen Rum eh schon angesprochen hast: In letzter Zeit scheint ungereifter sein Image als reines Cocktail-Produkt ein wenig zu verlieren. Habitation Velier zum Beispiel arbeitet zuletzt mit recht luxuriösen weißen Rum-Sorten. Sind weiße Highclass-Rums etwas, das wir in Zukunft auch bei CDI sehen werden?
Florent: Das ist eine Möglichkeit. Es ist schwieriger, einen hohen Preis für weißen Rum als für gereiften Rum zu verlangen. Und das obwohl die Herstellungskosten höher sind, wenn man einen guten, hochprozentigen weißen Rum machen will. Wieso? Weil die Plantagen und die Destillations-Arten weit stärker eingegrenzt sind, wenn du weißen Rum machst. Sie brauchen von Haus aus mehr Geschmack und sind deswegen teurer. Normalerweise werden diese Rums auch mit mehr Alkohol abgefüllt, um sie interessanter und schmackhafter zu machen. Persönlich bin ich mir nicht sicher, ob ich mich so stark auf weißen Rum konzentrieren möchte. Es ist immer noch ein kleiner Markt. Vielleicht bringe ich in Zukunft ein oder zwei heraus, falls ich eine wirklich coole Distille finde. Aber abgesehen davon bleibe ich bei älterem Rum.
Perola: Du hast auch Rhum Agricole erwähnt als ein Produkt, das noch weniger Destillerien hat als Melasse-Rum. Abgesehen von einigen Ausnahmen setzte CDI auch großteilig auf Melasse-Rum. Sind gute Agricoles wirklich einfach so viel schwerer zu kriegen oder konzentrierst du dich auch einfach mehr auf Melasse?
Florent: Ja, Rhum Agricole hat weniger Masse und weniger Destillerien als Lateinamerika oder die Karibik. Man muss sich die Hersteller wie Farm-Distillerien vorstellen: Sie benutzen Zuckerrohrsaft, der sich tief im Zuckerrohr versteckt und sich schlecht transportieren lässt. Das ist nicht wie bei Melasse, die man auf der ganzen Welt importieren kann. Für den Saft muss man das Zuckerrohr ganz frisch vom Feld verarbeiten. Wenn du das fünf Tage transportierst, verlierst du die Hälfte des Saftes, das ist für niemanden interessant. Das Problem mit diesen Destillerien ist das Volumen: Sie produzieren weniger und haben natürlich auch weniger Rum eingelagert. Wieder einmal ist das eine Sache des Marktes: mit hoher Wahrscheinlichkeit behalten diese Distillen ihre Fässer oder produzieren gleich nur weißen Rum. Auch, wenn ich vor Kurzem Rhum Agricole gekauft habe: es könnte eine Weile dauern, bevor wir den auf Flaschen ziehen können.
Perola: Du hast mal gesagt, du hättest gelernt, einen guten Rum zu erkennen, auch wenn er dir persönlich nicht schmeckt. Gibt es auch Moment, in denen du einen … nennen wir es Bildungs-Rum erkennst, von dem du weißt, das ihn nur wenige Leute wirklich mögen werden, den aber alle mal probiert haben wollen?
Florent: Naja, man muss da ein ziemlich fragiles Gleichgewicht halten: Natürlich fülle ich nicht nur Fässer ab, die ich liebe. Aber ich weiß, wie ich qualitativ hochwertige Fässer erkenne und abfülle, auch wenn sie nicht zu meinen Lieblingen gehören. Aber vielleicht sind sie die Lieblinge anderer Leute. Manche mögen ihren Rum trockener, würziger. Manche mögen rundere Rums, mit viel Vanille. Deshalb versuche ich, wenn ich ein, zweimal im Jahre neue Rums veröffentliche, verschiedene Stile abzufüllen, damit ich mehr Konsumenten erreiche. Das ist die Grund-Idee. Einige der Fässer, die ich großartig finde, werden nicht jedem schmecken. Vor allem, wenn wir uns die Leute ansehen, die mit sehr zuckrigen Rums einsteigen. Von da direkt zu jamaikanischem Rum umzusteigen, könnte schwierig werden. Meistens versuche ich, eine möglichst große Bandbreite an Terrain und Geschmack abzufüllen.
Perola: Wenn du an einem Blend wie dem Latino oder dem Caraibes arbeitest, konzentrierst du dich auf Rum-Einsteiger, suchst nach gefälligen aber komplexen Produkten. Wenn du fortgeschrittenere und komplexere Blends wie den Jamaica Navy Strength oder den Latino angehst, wie wichtig ist Mixability hier für dich?
Florent: Beim Tricorne war tatsächlich die Idee, einen Rum zu erschaffen, der die Struktur eines Cocktails durch ein sehr kraftvolles Grundprodukt unterstützt. Dadurch wird auch der Cocktail insgesamt kraftvoller und dadurch auch leichter auszubalancieren. Der Tricorne entstand genau aus diesem Gedanken. Bei den anderen ging es in der Entstehungsphase aber hauptsächlich um den Geruch und den Geschmack. Die Farbe und der Zucker waren nur dazu da, um sich dem Geschmack derjenigen Konsumenten anzunähern, die an eher süße Rums gewöhnt sind. Das war dazu gedacht, um sie zu Rum mit weniger Zucker zu erziehen, damit sie schlussendlich bei Rum ganz ohne Zucker landen.
Perola: Wird es in Zukunft noch mehr Blends geben, die auf Mixability ausgerichtet sind?
Florent: Ich arbeite zwar gerade an einem neuen Blend, aber der ist hauptsächlich darauf ausgelegt, ihn zu Hause mit guten Freunden zu genießen. Er wird auch ein recht hohes Alter haben. Abgesehen davon werde ich, was die Mixability angeht, zwar bei den selben Blends bleiben, aber größere Flaschen von Tricorne und Jamaica Navy Strength veröffentlichen. Das macht die Arbeit damit für die Bars kosteneffizienter.
Perola: Manchmal, wenn auch nur selten, arbeitest du mit Finishes wie den Weinfass-Varianten von Latino und Caraibes. Wie müssen wir uns vorstellen, dass so ein Projekt beginnt? Weißt du zuerst, was du mit einem Rum vorhast und suchst nach den passenden Fässern oder wartest du, bis coole Fässer auftauchen und entscheidest dann, welcher Rum dazu passt?
Florent: Es beginnt mit den Fässern – es ist nämlich schwieriger, die richtigen Casks zu finden als die Rums auszusuchen. Normalerweise fange ich mit den Fässern an und sobald ich weiß, was vorher drin war, suche ich die Rums dafür aus, je nachdem was ich auf Lager habe.
Perola: Wenn du einen neuen Blend angehst, kannst du das Rezept jederzeit anpassen oder ganz von vorne anfangen, wenn du mit dem Ergebnis nicht zufrieden bist. Bei einem Cask Finish geht das nicht. Stehen irgendwo in einer Ecke der Schande deiner Lagerhalle schiefgegangene Experimente, die du nicht verkaufen kannst?
Florent: Naja, einmal ist das schon passiert. Aber ich habe das Fass behalten, beziehungsweise den Rum aus dem Fass geholt und benutze ihn ein anderes Mal. Ich verkaufe Rum ja nicht nur für meine eigene Marke, sondern versorge auch andere Leute mit großen Mengen Rum oder komponiere Blends für Privatpersonen. Ich hebe den Rum auf, um ihn an einen Kunden zu verkaufen oder um ihn in einem anderen Finish zu benutzen. Ich werde den Rum nicht einfach ad acta legen, ich lagere ihn ein und warte auf eine Gelegenheit, ein spezielles Fass, das gefüllt werden will. Im Prinzip arbeite ich einfach weiter daran.
Perola: Wo wir gerade von Experimenten und Cask Finishes reden: Der Oktoberum ist etwas, das wir auf Messen oft erklären müssen. Wenn die Leute ihn probieren, haben sie manchmal Probleme mit der Hefenote, ein anderes Mal sind sie überrascht, dass das gar kein Witz ist. Trotzdem hat er eine kleine Gruppe eingeschleischter Fans. Wie funktioniert dieser sehr deutsch wirkende Rum in anderen Märkten?
Florent: Ich glaube, der Name und das Label helfen dabei, das Konzept zu verstehen. Der Duft ist so vollkommen anders und unverwechselbar. Entweder mögen die Leute das oder nicht. Aber er ist eine gute Möglichkeit, neue Konsumenten in die Welt des Rums zu holen, weil niemand davor einen Rum gesehen hat, der in Bierfässern gereift ist. Er ist beinahe ein Hybrid aus Rum und Whisky. Außerdem wird er in anderen Märkten sehr gut angenommen. In Frankreich habe ich ihn zum Beispiel an eine Kette verkauft, die sonst fast nur Bier vertreibt. Ein Bierfass-gereifter Rum erschien für sie sehr interessant.
Perola: Wir wissen, dass du dir keine Lieblings-Rumnation aussuchen wirst, also: Wenn du gezwungen wärst, für den Rest deines Lebens nur noch Rum aus einem einzigen Land zu trinken, welches wäre das?
Florent: *lacht* Jamaaaaaaaaaaaaaaica. Jamaaaaaaica! Ganz sicher. Jamaikanischer Rum.
Perola: Jamaica ist ein sehr bekanntes Rum-Land. Welches ist deiner persönlichen Meinung nach das meistunterschätzte Rum-Land?
Florent: Ich würde sagen Belize und hm … Grenada.
Perola: Wir wissen aus einem anderen Interview, dass dein Lieblings-CDI-Rum der Jamaica 5 Jahre Navy Strength ist. Aber was sind deine Lieblings-Single-Casks oder Cask Strength Rums von Compagnie?
Florent: Einmal habe ich einen 16 jährigen Jamaica Hampden gemacht, gereift in französischer Weißeiche. Das war einer meiner Lieblinge. Ich mochte den New Yarmouth wirklich und ich denke, der Trinidad 16 Jahre Cask Strength war unglaublich.
Perola: Letzte Frage: Was war der beste Drink, den du je mit einem deiner Produkte hattest?
Florent: Ich glaube, das war ein Drink mit dem Jamaica Navy Strength und Ananassirup in Göteborg in Schweden. Es war eine Art Ananassoda mit Rum und Bitters. Ich habe den Namen vergessen, aber er war köstlich.